The Night Shi(f)t Teil 3 – Female Bullies

The Night Shi(f)t Teil 3 – Female Bullies

Short-Info: Dritter und letzter Teil meiner „The Night Shi(f)t“-Reihe zu meinen ersten beiden Nachtschichten in der Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger. Subplot: Weibliche Aggression.

Weiterlesen? Nein, nein, nein.

Dienstag, 06.03.2018 – Arbeit, Heimfahrt, Vorbereitung auf Nacht 2

Nachtschicht war nicht schlimm, obwohl das Verhältnis zu meiner Praxisanleiterin unterkühlt ist und wir uns nicht sonderlich mögen. War gut wach, es gab ständig was zu tun. Die Nacht war angenehmer als ich es vermutet hätte. Kein Kampf mit der Müdigkeit. Frühdienste greifen mich viel schlimmer an.

Eine Pflegeschülerin aus dem dritten Kurs holte eine Patientin. Ich mag sie. Habe manchmal das Gefühl, sie hätte sich in mich verknallt. Am Informationstag, kurz vor Ausbildungsbeginn, scherzte ich mit ihr herum und sie lachte viel. In dieser Nacht flirtete ich nur halbherzig. Die Nervosität vor dem Unbekannten in der Nachtschicht verunsicherte mich noch zu sehr. Ich könnte mir vorstellen, mein Leben mit ihr zu verbringen und gleichzeitig nicht. Vom Aussehen her genau mein Typ (Girl next Door, ungeschminkt, sportlich muskulös).

Kollegen lästerten über andere Kollegen. Sie hätten mit allem, was sie sagen, genau so gut mich meinen können. Ich unterstelle keine Absicht, sie sind wohl einfach nicht schlau genug es zu kapieren oder sind schlauer als ich. Schon spannend zu beobachten, wie nur ein einziges Lästermaul reicht, um allen Anderen im Raum eine moralische Unantastbarkeit zu verleihen. Jeder stimmt zu, jeder macht die erwähnten Fehltritte niemals selbst und hat sie auch noch nie gemacht und überhaupt, was eine Sau, nicht? Das Opfer ist umzingelt, ohne da zu sein, und jeder tritt ihm gegen den Kopf, wie man das in so vielen Straßenkampfvideos auf LiveLeak sehen kann – nur halt verbal, aber ebenso mit einer eigenen Art von Schmerz, Nachwirkung und vielleicht sogar Tod. Rufmord. Ein gnadenloser Beatdown durch weibliche Bullys.

Zwei blutjunge Mädchen kamen in die Notfallambulanz. Ich durfte Ihnen Blut abnehmen und verspürte ansonsten kein näheres Interesse. Nicht ein versauter Gedanken, was mich wundert.

Heimfahrt im Bus begann in angenehmer Dunkelheit und strengte zunehmend an, je mehr die Helligkeit zunahm.

Von 8 bis 15 Uhr geschlafen, dabei alle zwei Stunden aufgewacht. Beim Gang aufs Klo Wadenkrampf des Lebens bzw. Todes bekommen. So krass hatte ich den noch nie. Überhaupt schon lange her, dass ich mal einen hatte. Magnesium supplementiert. Einen Film angefangen, an den ich mich nicht mehr erinnern kann.

Erster Bus war angenehm leer. Bad Religion, No Use for a Name und Sonic Youth auf dem Weg zum Krankenhaus gehört. Daydream Nation ist ein fantastisches Album, Dirty ist aber meiner Meinung nach das Magnus Opum.

Immer noch Dienstag, 06.03.2018 – Die zweite Nachtschicht

Wieder in voller Front zur Praxisanleiterin. Gott sei Dank war eine Kollegin zufällig ihre beste Freundin seit 20 Jahren. Ihre Wege trennten sich nie: Von den verschiedenen Schulen bis zum Beruf, Seite an Seite. Diese Freundin mochte mich. Sie hat eine sehr entspannte Art, ist lustig, eine waschechte Cineastin (die mir ständig Filme empfahl, die ich nicht kannte – sehr überraschend) und obwohl ihr Kopf aussieht wie aus einem verfickten Modelbuch beim Frisör, finde ich sie hübsch. Alle ihre Zuarbeiten und Aufgaben bewältigte ich zu ihrer vollsten Zufriedenheit, ich erahnte was sie wollte und brauchte. Sie sagte sogar, ich wäre so gut, ich könne gleich in der Notfallambulanz anfangen. Ich lächelte und sagte: „Wohl eher nicht, da fehlt mir einiges.“ Sie: „Warum? Du bist super!“ Ich sah in das Gesicht meiner Praxisanleiterin, konnte aber nichts aus ihrem Pokerface herauslesen. Nur ein Augenblick der Stille und ich hätte vielleicht hören können, wie sie sich innerlich kaputtlacht.

„Kommt heut gar kein 3-Uhr-Arschloch?“, wurde gefragt. Das sind die Patienten, die scheinbar um diese Uhrzeit selbstgehend als Notfall eintrudeln und nichts haben, was auch nur das Anschauen eines Krankenhauses von außen rechtfertigen würde. „Doch, doch, der junge Bub da. Sitzt noch im Wartebereich. Wenn die Ärztin mit ihm gesprochen hat, soll der sich schleichen, ich fass es nicht, wie dreist.“ Unter dreißig hat man wirklich eine schwere Zeit dort, als Patient. Kaum wird kurz vor der Triage (Ersteinschätzung) Alter und Grund eingeblendet, hört man sie stöhnen wie beim Sex mit einem Baseballschläger, wuchtig geschwungen und gestoßen. Homerun wird zum „Renn heim, Hypochonder!“

Im letzten Viertel der Nachtschicht, die zwei Stunden länger geht als normale Einsätze, war es sehr ruhig. Wir saßen alle im Aufenthaltsraum, unterhielten uns über Sport, Ernährung, Filme, etwas, wo ich schlau mitreden konnte oder zumindest Interesse zeigte. Doch nein, Harmonie musste zerstört werden, durch irgendeine Fotze, die ihr Mütchen kühlen musste. Hassobjekt war die neue Angestellte an der Rezeption. Zusammenfassung des zweiten Headstompings der Female Bullies: Was ein faules Schwein, kann nix, gibt ständig Kontra mit schnippischen Bemerkungen als wüsste sie alles und besser, ständig am Smartphone und seit man sie drauf angesprochen hat, macht sie’s heimlich und denkt, alle sind zu blöd das zu checken und man ist ja über Facebook mit ihr verknüpft und WhatsApp und da sieht man ja, wann sie online war, die ist so dumm, wie hat die die Ausbildung nur geschafft und das schlimmste: Die geht ihrem Freund fremd! Man hat sie im Club gesehen, fremd knutschend. Da ist man gleich hin und hat sie drauf angesprochen, aber die behauptet frech, ihr Freund wüsste das und die hätten ’ne offene Beziehung, so schamlos, ich glaub das alles nicht, wartet, ich zeig euch dieses versiffte Dreieck, hab alles auf Facebook recherchiert, solche Schweine, war ja zu erwarten.

Tut mir Leid, aber das ist für mich Aggression. Dabei geht es nicht darum, dass an körperlicher Gewalt zu messen. Ich sage ja auch nicht „Ein Mord ist nicht schlimm, schau wie viele sie 1965 in Indonesien geschlachtet haben.“ Yeah right, und Indonesien war nicht schlimm, weil WWII. Nope. Ich empfinde Aggression, die sich in schädigender Weise gegen einen anderen Menschen richtet – weit abseits von Notwehr – für falsch, egal in welchem Ausmaß. Also gingen wir an die Rezeptionstheke, saßen vor dem im Dunkel flimmernden PC-Monitor, lauschten den Klicken der Maus und den Geschichten über Moral und all dem Scheiß, von dem keiner der Anwesenden auch nur einen Furz verstand. Niemanden der Anwesenden stand es zu, über das Liebesmodell und -verhalten des Mädchens zu urteilen, egal ob sie fremdging oder sich die Möse in Gang Bangs mit 100 Männern verharzen ließ. Es geht keinem was an. Mir war sie allein schon aus dem Grund sympathisch, weil sie sich von den anderen abkapselte, ruhig zu sein schien und lieber ihr eigenes Ding machen wollte, ohne anderen in die Quere zu kommen, nur leider halt noch unter dem Schirm des Anfängerstatus, der nicht viel erlaubt. I can tell.

Stille Nacht, keine heilige Nacht, trotz christlichem Background des Hauses. Alles in allem verlief es harmonischer als meine sämtlichen vorherigen Tage. Die Cineastin erleichterte mein Herz mit ihrer Art, ich konnte mich mehr entspannen, arbeitete dadurch auch viel besser, vor allem, weil ich der einzige Schüler war und mir niemand die Arbeit wegnahm. Ob ich einen besseren Eindruck bei meiner Praxisanleiterin hinterlassen habe, frage ich mich. Wohl nicht. Die letzten Tage eines Praxisblocks sind die Wichtigsten, da muss man punkten, die bleiben im Gedächtnis und fließen am stärksten in die Bewertung mit ein, die eh nur ein höchst subjektiver Arschwisch ist. [Nachtrag 18.03.2018: Ich hatte gestern ein Tinder-Date mit einer Schwester und Praxisanleiterin eines Konkurrenzkrankenhauses, die mir das alles nochmal bestätigte und mich auch über die Hintergründe der Bewertungserhebung umfassend aufklärte. Es ist ein einziger schlechter Witz.]

Meine ersten beiden offiziellen Nachtschichten sind überstanden und sie gefallen mir viel besser als Frühschichten, sofern man sie nicht alleine verbringen muss, was als examinierte Pflegekraft auf manchen Stationen durchaus der Fall sein kann. Nur das Team der Notfallambulanz macht es mir schwer: die Integration ins Team, weil mir die meisten derart unsympathisch sind, dass ich mich komplett verschließe und damit anderen keinen Raum lasse, sich mir anzunähern (was die meisten eh nicht tun); unbeschwertes Arbeiten, weil ich ständig unter Druck stehe vor unsympathischen Menschen keine Fehler zu machen und mit den anderen Schülern, die sich einfach dort besser behaupten, mitzuhalten.

Eines verbindet mich mit den Patienten: Sie fühlen sich unwohl, haben Angst, wissen nicht wohin und was genau passieren wird. Gut möglich, dass das der Grund ist, warum ich mich mit manchen von ihnen so gut verstehe, viel besser als ich es mit dem Team jemals tun werde.

~ Diesen Teil nicht kommentieren. ~

Teil 1 nicht lesen.

Teil 2 nicht lesen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

%d Bloggern gefällt das: