The Distillers – Coral Fang

The Distillers – Coral Fang

An der Single „Drain the Blood“ der female fronted Band The Distillers kam man Anfang der 00er-Jahre als Grunge-/Punk-Fan gar nicht vorbei. Dieses Video dazu, ihr geiler Arsch im Intro, diese unfassbare Stimme, die Live nicht anders klang … Brody Dalle, eine tolle Frau, bei der man sofort wusste, dass man sie blind irgendwo in die Cluster B Persönlichkeitsstörungen einordnen kann. Und mir ging ihre Mode auf den Sack. Hätte zu gerne „Style over Content“ geschimpft, aber der Content war und ist einfach zu gut. Das Coral Fang Album läuft derzeit bei mir rauf und runter. Am meisten kann ich es genießen, wenn ich mir dabei Dalle nicht so lächerlich aufgestylt vorstelle und es einfach nur um die verdammte Musik geht, nicht um die Verpackung, Haargel, Makeup, Tätowierungen und Piercings. Musik, in der man sich seelisch entblößt, sollte man nackt spielen. Würde ich garantiert nicht wegsehen.

Lyrics: https://genius.com/The-distillers-coral-fang-lyrics

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Lehrerinnen ficken

Lehrerinnen ficken

Würde ich nach Berufsgruppen wählen, würde ich von Lehrerinnen die Finger lassen. Meine Quote ist da einfach zu schlecht: Verpatzte Dates, langweilige Dates, meine Flucht aus Beziehungen und kein guter Sex. Noch schlechter erging es mir da nur mit Studentinnen der Psychologie und Schauspielerinnen (ihr suchet Borderline-Weibsvolk? Werdet dort fündig!). Jetzt ist es aber nun mal so, dass ich meine Lehrerin ficken will. Ein Gedanke, der mir seit der Hauptschule in schwierigen Phasen der Pubertät nicht mehr kam.

Sie war die Neue, geflüchtet aus einer anderen Berufsschule in der die Bedingungen mit einem Schulleiterwechsel zu haarig wurden. Mehrere Lehrkräfte folgten ihr. Das war übrigens die Schule des Krankenhauses, für das ich mich auch beworben hatte (my first pick!). Luden mich zwar zum Assessment Center ein, schickten mir aber nicht mal eine Absage. Und ich Depp möchte nach meinem Examen trotzdem dort hin, obwohl ich schon vor meiner ersten Bewerbung nur Probleme mit einer Bürodame hatte, die für Praktika zuständig war. Die konnte mich nicht leiden und so sehr ich bemüht war die Wogen zu glätten – wo auch immer die herkamen –, sie blockte alles aggressiv ab. Konnte mich einfach nicht leiden. Diese Lehrerin dagegen …

Als sie zum ersten Mal in meiner Klasse saß, sprach sie nicht. Ihre Aufgabe war es dazusitzen und eine Polizistin über Drogen reden zu lassen. Schon viele Präsentationen und Kurse von Polizisten zu Drogen, Zivilcourage und Selbstverteidigung erlebt. Man könnte meinen, die wüssten wovon sie sprechen. Tun sie leider nicht. Als die Lehrerin sprach, merkte man, dass sie Ahnung von dem hatte, was sie uns erzählte. Ich hielt ja zuerst analysierend Abstand, konnte sie absolut nicht einschätzen. Aus irgendeinem Grund hielt ich sie für streng. Ihre Stimme ließ sämtliche über meine vielen Schuljahre gefestigten Vorurteile zu Lehrern zerfallen. Ich liebe ihre Stimme, die mit jeder Silbe oder Seufzer aus ihrem schönen Mund schwebt und einen Kuss von ihren Lippen auf mein Trommelfell setzt. Sie ist Ausdruck eines sanften Gemüts, unterstrichen von perlig braunen Augen.

Nicht einmal habe ich sie schreien oder schimpfen hören, egal wie laut die Klasse wurde. Sie ließ uns heute wissen, dass sie autoritäres Auftreten bei anderen nicht mag. Sanftheit in Person. Man merkt, eine zu unruhige Klasse stört sie, aber sie spricht einfach weiter. Wenn ihre Stimme zu angestrengt klingt, lasse ich mich manchmal zu einem lauten „Sssscht!“ hinreißen, womit der Lärmpegel kurz einbricht, bis er langsam wieder nach und nach anschwillt. Das ist übrigens nicht das einzige, was nach und nach anschwillt, wenn sie uns unterrichtet.

Ja, ich will sie ficken. Das klingt derbe und respektlos. Doch ich stelle die Frage: Ist einvernehmlicher, schöner, harter, leidenschaftlicher, animalischer Sex nicht ein deutlicher Ausdruck für Respekt gegenüber einer Frau? Sie von hinten an den Haaren  ziehen, um den Hals freizulegen, sie küssen, ihre Brüste mit dem freien Arm umschließen, in sie eindringen, es laut klatschen lassen mit jedem nassen Stoß, sie in die Matratze drücken und immer fester den harten Schwanz hineinhämmern, sie stöhnen lassen, ihre Atmung beschleunigen und mit wilden, schnellen Stößen ihren Atemrhythmus durcheinander bringen, spüren, wie sich ihr Körper beim Luftanhalten anspannt bis es ihren Unterleib in Wellen durchzieht … wenn sie gekommen ist, zwei Finger in ihr lassen, die jeden Zentimeter ihrer Vagina nach reizbaren Stellen absuchen und sie weiterlecken, bis nach erneutem Orgasmus ihr Poloch zuckt, das man zum Abschluss tief mitleckt. Irgendwo dazwischen spritze ich ihr übrigens noch auf Gesicht und Brüste. Ohne jegliche Ironie, das ist purer R. E. S. P. E. C. T. Oh, sock it to me, sock it to me, sock it to me, sock it to me …

Einmal beschloss sie, den Unterricht mit gegenseitigen Handmassagen zu einem entspannenden Ende kommen zu lassen. Die letzte Handmassage, die ich jemanden gab, war zu meiner Ausbildung zur Sozialen Betreuungskraft, und ich war ziemlich gut darin. Aber die ungerade Klassenzahl ließ mir keinen Partner, was ich durch Passivität provozierte. Solch eine Ab- und Ausgrenzung konnte sie nicht erlauben. Also bot sie sich an, mich zu massieren. Ich gab ihr noch die Möglichkeit ihr Angebot zurückzuziehen, denn ich befürchtete, sie fühlte sich vielleicht dazu gezwungen und hatte diese Idee noch nicht gründlich durchdacht. Aber sie ließ nicht locker.
Öl tropfte von ihren Händen in meine. Anfangs konnte ich mich noch nicht genug fallen lassen. Ich wollte mit meinen öligen Fingern in ihren Nacken greifen, sie an mich ziehen und küssen. Um die Situation, dass sie als Lehrerin gerade einem ihrer Schüler, der dazu noch älter ist als sie, die Hände massiert, etwas aufzulockern, quatschten wir viel. Ich erzählte mehr über mich als umgekehrt, was mich denken ließ, vor einer kleinen Verführerin zu sitzen. Ich war schon lange verführt. Und ich war ganz in ihren Händen – im wahrsten Sinne der Worte. Mit dem Rhythmus ihrer streiche(l)nden Bewegungen verstand sie es, keine unzweideutige Sinnlichkeit für den Rest der Klasse sichtbar zu machen. Sie hätte mir den Daumen abbeißen und an die Stirn spucken können, meine pochenden Schrittes aufblühende Erektion wäre nicht gewichen.
Ob ich sie jetzt massieren solle, fragte ich. Nein, sie wollte weitermachen, denn sie ahnte sicherlich, wie ein verknallter Roger massiert. Ich hätte ihr keinen Zweifel gelassen, dass meine Finger in ihren Händen den von ihrer Hose bedeckten Intimbereich sehen, den ich so gerne mit meiner Zunge durchfahren würde. Sie wäre rot geworden, völlig überfordert, hin- und hergerissen zwischen dem schönen Gefühl und ihrer Rolle als Lehrkraft. In diesem Moment wollte ich sie so sehr und sie bemerkte das.

Im Bus heimzu sagte eine der Mitschülerinnen, die ich als Freund sehen würde, wie unangebracht das alles gewesen sei und dass sie es nicht gut fand, wie die Lehrerin das Nähe-Distanz-Verhalten nicht einhielt. Es ist süß, wenn aus einer Frau die Eifersucht spricht. Ich fuhr mit samtig weichen, durchgekneteten, völlig entspannten Händen zum Hauptbahnhof, die ich mir unter die Nase hielt, wie damals, nach dem ersten Fingern meiner ersten Freundin, spät nachts, zu Fuß nach Hause. Wäre ich vorher nicht in der Schule noch pissen gegangen, hätte ich nicht nur die verdammte Seife gerochen.

Bei einem Lernzirkel mussten wir bei ihr verschiedene Verbandsformen üben. Erneut war die Teilnehmerzahl ungerade und einer hätte an ihr üben müssen. Wie Verbündete sahen meine Mitschüler zu mir. Meine befreundete Mitschülerin aus dem letzten Absatz, grinste breit. Es war ein offenes Geheimnis.

Finger- und Kopfbandage. Meine Lehrerin musste mich durch den ganzen Prozess begleiten, weil ich zu blöd war, die bebilderten Erklärungen auf den Arbeitsblättern umzusetzen. Vielleicht war ich auch einfach nur abgelenkt, weil ich plötzlich diesem Hals so nah wie noch nie zuvor war. Ihr Haar ist so schön. Niedlich, wie sich die süßen Spitzen ihrer Ohren zwischen ihren Haarsträhnen zeigten. Ich wollte an ihnen mit meinen Lippen knabbern als wäre ich ein verfickter Karpfen an einer in den See geworfenen Semmel. Stattdessen sagte ich indirekt, dass ihr Kopf groß sei (D’OH!), während ich den Verband wickle, stark darauf konzentriert, nicht diese wunderschönen Augen zu verdecken.

Nach diesem quälend langen, sehr ungemütlichen Einsatz in der Notfallambulanz, war ich froh, sie am ersten Tag des Schulblocks wiederzusehen. Mein neuer Sitzplatz ist ganz hinten im Eck, neben Heizung und Fenster, wo ich ungestört bleiben und mich ausnahmsweise nicht in den Mittelpunkt drängen will. Ihr Blick fand mich trotzdem. Immer und immer wieder. Ihr Unterricht schien nur für mich zu sein. Sah ich ihr tief in die Augen, verhaspelte sie sich in ihren Sätzen. Ich machte mir einen kleinen Spaß daraus und prüfte es. Ja. Zweifellos. Sah ich sie an, fielen die Worte bei ihr kreuz und quer. Wie kann man sie nicht lieben?

Diese latente Unsicherheit und der manchmal leicht mitschwingende Selbstzweifel, machen sie so liebenswert, so berührbar. Lehrer sind oft bemüht, unantastbar zu sein. Sie nicht. Wird sie frech von Schülern korrigiert (sie ist die einzige, bei der ich das nicht tue), bleibt sie diplomatisch und niemand verliert sein Gesicht, selbst wenn ein Schüler die horrendste Scheiße von sich gibt. Drama, wie man es bei emotional ungefestigten Damen oft erlebt, kann man sich bei ihr nicht vorstellen. Sie verströmt eine Kompetenz und innere Ruhe, in der man sich entspannen kann (sie ist auch die einzige, bei der ich nicht den Lehrstoff auf Richtigkeit überprüfe; das ist nur bei den anderen Lehrer nötig, leider).

Zu sehen, dass sie einige Tage nicht mehr für Unterricht in meiner Klasse eingeplant ist, stimmte mich traurig. Wie sehr ich mich freute, sie stattdessen wenigsten von einem Glaszimmer aus am Gang zu sehen. Wir lächelten uns an und winkten uns zu. Ihr Winken war wie das einer Verliebten. Als wäre ich schon der ihrige. Fühlte sich gut an.

Ihr Unterricht heute war wieder sehr angenehm. Sie versteht es meisterhaft, verschiedene Lernmittel zu implementieren – die alle anderen nicht oder nicht gekonnt nutzen – ohne den Eindruck von Planlosigkeit zu hinterlassen. Alles ist wohl durchdacht. Alles wirkt stimmig und hilft Schülern beim Lernen. Ich weiß ihre Arbeit sehr zu schätzen und ich weiß, dass sie zuhause länger den Unterricht vorbereitet als alle ihre Kollegen es jemals haben. Das merkt man. Hier erinnert sie mich an meine letzte Freundin, die ähnlich engagiert, durchdacht und kreativ arbeitete. Mir gefällt das.

Diesmal hielten wir die Blicke nicht lange. Ich konnte es nicht. Sie konnte es nicht. Keine einzige Wortmeldung von mir. Ein wenig konnte man heraushören, dass ihre Stimme verschnupft klang. Ich hätte sie dennoch geküsst, obwohl meine intensiven Gefühle für sie, die diese Woche wild in mir wüteten, wie aufgelöst waren. Nicht zu viel riskieren. Ganz in ihrem, unseren Sinne. Sie stellte wie ich inneren Abstand her. Es ist zu deutlich an die Oberfläche geschwommen. Irgendwann kommt der Moment, wo wir aus der Tiefe herausspringen und sich entscheidet, wo wir landen: Nebeneinander, aufeinander, weit auseinander …

Dazu muss ich an den Punkt ohne Wiederkehr. Der Punkt, an dem ich sie küssen oder mich auf ewig schämen muss, weil ich es nicht versuchte. Stelle ich es schnell an, könnte sie noch meine Prüferin in einem Praxiseinsatz werden und ich weiß nicht, wie sich das darauf auswirkt. Soll ich bis nach dem Examen warten? Oder könnte sie mir vielleicht Prüfungen organisieren und als gelernte Praxisanleiterin Sachen mit mir durchgehen? So opportunistisch will ich eigentlich gar nicht denken. Meine Vergangenheit mit Damen, die mir in der Ausbildung gut hätten helfen können, hat gezeigt, dass ich nicht so einer bin. Dann bis nach dem Examen warten? Wartet sie so lange? Ist sie überhaupt noch zu haben? Und fuck, sollte ich wieder den gleichen Fehler machen wie in meiner 2016er Beziehung zu einer Assistenzärztin? Never fuck the company. Geht es um Entscheidungen, bin ich ein Meister darin, die falschen zu treffen. Hoffentlich habe ich bei ihr das richtige Händchen, nachdem sie von ihr so gut massiert wurden.

Andrea, ich mag dich. Affären und die Beziehung, die ich hatte, seit ich dich zum ersten Mal sah, sind vielleicht nur Etappen auf meinem Weg zu dir gewesen, um mir zu zeigen, wie sehr ich dich brauche. Doch du bist auf einem Level der Reife, das ich nie erreichen werde. Du verdienst so viel Besseres als mich. Und ich? Ich verdiene mindestens einen Kuss von dir. Heb ihn mir auf, bis die Zeit reif ist.

~ Ich weiß, du würdest das gerne kommentieren. Aber ich verbiete es dir. ~

10 Jahre

10 Jahre

Genau 10 Jahre ist es her, seit Opa’s Tod nach langem Kampf mit (nicht „gegen“, denn der Verlierer stand von vornherein fest) seiner schweren Krebserkrankung. 10 Jahre. So viel passiert, seitdem. Und ich weiß hier gerade nicht mehr zu schreiben als das.

Heute erhielt ich meine Endbewertung des Praxiseinsatzes und sie fiel, trotz überschwänglich positiver Worte der Praxisanleiterin – die so jegliches Gegenfeuer im Keim erstickte –, unfassbar schlecht aus. Sie lag unter der Bepunktung der Zwischengespräche aller anderen Schüler. Bei jemanden, der seinen Selbstwert so sehr aus dem Vergleich zu anderen zieht, ist das ein schwerer Tritt in die Eingeweide.

Was du wohl zu meinem Werdegang sagen würdest. Wie ich dich einschätze, wärst du kritisch. Der Lebensweg musste stringent sein. Schnell Geld verdienen, Ziele haben und sie anstreben. Du konntest leicht reden. Deine Arbeit war das, was du geliebt hast. Du warst ein Bastler, ein Erfinder, Experte des Maschinenbaus, von Anfang an Teil des Unternehmens, geachtet, beliebt, eine Instanz in der Stadt. Und doch nie der Chef und Großverdiener, der du vielleicht hättest sein können. Du wolltest Arbeiter bleiben. Du warst zu gut darin. Selbst im Sprung von Sozialbauwohnung zu Sozialbauwohnung bliebst du das Alpha.

Die Dinge, in denen ich gut war, brachten kein Brot. Und nachdem ich einen Weg fand, meine Hobbys irgendwie zum Beruf zu machen, fand ich heraus, wie beschissen das sein kann. Ewig unterbezahlt. Nie dazu bestimmt, finanziell dem Status „Kind der Großeltern und des Vaters“ zu entwachsen. Aktuell schon wieder Schüler. Ich war länger in Schulen als der Großteil meiner jetzigen Klasse alt ist. Zum ersten Mal bin ich deutlich älter als die Lehr- und Pflegekräfte, die mir alles beibringen sollen. Als jemand, der nie den Erwachsenenstatus für sich annehmen oder gar empfinden konnte, ist das komisch. Mein Vater, dein zweitältestes Kind, war 24 als ich geboren wurde. In ein paar Monaten werde ich 33. Das ist verfickt verrückt.

Manchmal möchte ich dir etwas erzählen. In meinen romantischen Gedanken würdest du mich an deiner Weisheit teilhaben lassen und mich mit deinen Worten, deiner Erfahrung erleuchten. Ich habe dann vergessen, wie du früher einfach nur mit den Schulter gezuckt hast oder kein Verständnis hatte. Was sagt mir, dass du mir irgendetwas erzählen würdest, das mich berührt; dass du irgendwie auf mich und meine Bedürfnisse eingehen würdest? Wenn es um deine Streitereien mit Oma ging und ich sie in Schutz nahm, sagtest du nur: „Du weißt vieles nicht.“ Und das stimmt. Wie du.

Danke für die schönen Zeiten mit dir, die Erinnerungen und deine vielen gescheiterten Versuche, mir Technik nahe zu bringen – ich weiß, du meintest es nur gut. Aber auch Danke für das große Nichts, dass du mir hinterlassen hast.

Wirklich lange her, dass ich bei dem Gedanken an dich geweint habe. Sollte ich jemals die Tage dessen zählen, kann ich heute bei Null anfangen.

Tinder-Terror (Date 1, 2018)

Tinder-Terror (Date 1, 2018)

Am 17. März 2018 hatte ich ein Tinderdate, mein erstes Date, dieses Jahr. Ja, richtig gelesen. Roger Buscapé Nigk tindert. Und das nicht mit wenig Erfolg. Meine Bilder sind nicht gerade gut, aber Matches kommen regelmäßig rein, ohne dass ich Dauerlikes verschicken muss. Dafür, dass ich sexsüchtig bin, bin ich ziemlich wählerisch. Ich halte das für eine gute Sache. Standards haben.

Demzufolge ist mit meiner Freundin Schluss. Ob und wie ich darauf in diesem Blog eingehe, weiß ich nicht. Ich musste sie verlassen, bevor ich mich in etwas übles hineinmanövrierte. Mein Tinderprofil war schnell reaktiviert. Bedenkt man, wie ich nicht lange davor im Zug nach Hause stand und wie ein Idiot weinte, ziemlich schnell reaktiviert. Ablenken, hieß es. Likes sammeln, fürs verletzte Ego. Aber nicht so viel Zeit damit verbringen wie das letzte Jahr, obwohl es Spaß machte, viele neue Mädchen kennenzulernen und manche von ihnen ein bisschen zu mögen.

Seit meiner Auszeit standen knapp 40 Matches zur Belästigung bereit, jedoch meist zu weit weg oder inzwischen nicht mehr interessant genug. „Hurra – ein Match!“ ploppte es auf. Klappte schneller als erwartet. Ein Bild ihres Gesichts, nicht mehr. Kein beschissener Filter, keine immergleichen Reisefotos und Bilder bezahlter oder Gratis-weil-Fotograf-notgeil-Fotoshootings – kein verfickter Tinder-Standard, der mich so unfassbar langweilt. Schönes langes Haar. Außerhalb des Bildausschnitts hätten sich dennoch 200 kg locker verstecken können. Nett gechattet, bald verlagert auf WhatsApp, um abzuchecken, ob sie nicht ein Fakeprofil ist. Kennenlerntreffen war genauso schnell ausgemacht. Ich ließ nichts anbrennen.

Zu ihr: Krankenschwester in einem Konkurrenzkrankenhaus, 30 Jahre alt, zudem noch Praxisanleiterin. Ich malte mir aus, wie sie mich mit praktischer Nachhilfe durchs Examen bringen würde. Blasendauerkatheter legen als Vorspiel zum Flachlegen.
Einen großen schönen Hund hatte sie auch. Ich mag große Hunde. Dazu noch ein entspannter Humor und versendete Sprachnachrichten im betrunkenen Zustand (eine schöne Stimme, wie von einer Punkerin). Sie wäre bei einem Freund gewesen und hätte was getrunken, um beim Wechsel von Spät- auf Frühschicht besser schlafen zu können (kommt mir nicht zum ersten  Mal so vor als wollen Frauen mit dem Einführen eines männlichen Nebenprotagonisten Eifersucht provozieren oder einfach nur verunsichern; mir war das scheißegal – beste Reaktion, die man darauf haben kann). Bei sofortigem Einschlafen wären das zwei Stunden Schlaf gewesen, wenn sie mich mit ihren Schichten nicht log. Und dann war sie während der Arbeit natürlich pausenlos online, um mit mir zu chatten. So ist das: Haben sie Interesse, haben sie Zeit. Immer und überall.

Verging viel Zeit, in der ich im von mir ausgesuchten Restaurant alleine am Tisch saß. Nach 10 Minuten schrieb ich sie an. Sie hätte nicht gedacht, dass die Uhrzeit verbindlich war. Yeah right. Ich machte mich darauf gefasst, mein Radler zu trinken und einen schönen Abend alleine zu verbringen. Das Restaurant ist super. Meine Toleranzgrenze der Verspätung beim ersten Date beträgt 15 Minuten, vielleicht 20, bevor ich gehe. Aber sie wollte tatsächlich noch kommen. War egal, ich hatte ein eBook auf dem Smartphone, um fürs Studium zu lernen. Und mein Radler ging dann natürlich auf sie.

Sie war sehr, sehr hübsch. Durchaus mein Typ. Keine versteckten 200 kg. Nur war ich mir nicht ganz sicher, ob ich sie nicht aus einem Praktikum in ihrem Krankenhaus kannte. Die Station war dieselbe, denn wir tauschten ein paar Insider über ihre Kollegen aus, von denen in meinem Krankenhaus ein bisschen gequatscht wird. Wenn sie es wirklich war, dann setzte ich mich damals bei ihr in die Nesseln als ich sie fragte, ob sie noch Auszubildende sei. Glaube, sie hatte auch bei meiner schlechten Praktikumsbewertung (Note 3) ihre Finger mit im Spiel. Auf alle Fälle kannte sie mich nicht mehr, zumindest hat sie nichts in der Richtung angedeutet und ich hielt ebenfalls schön die Klappe. Vorsorglich. (Am Ende des Dates fragte ich sie dann doch über WhatsApp. Sie hätte ein sehr gutes Gedächtnis, davon wüsste sie aber nichts.)

Unsere Gespräche waren witzig, toller Humor, tolles Ping-Pong mit frechen Sprüchen, einfach nur entspannt, locker, voller Ironie und Spaß. Letzteres ist auch das einzige, was sie aktuell suche. Wundervoll! Keine, die auf was Festes aus ist! Ich war guter Stimmung, bis sie von früheren Beziehungen anfing. Vier Jahre mit irgendeinem Dude. Danach elf Jahre mit einem psychisch erkrankten Mann, von dem sie sich im Januar frisch hat scheiden lassen. Macht insgesamt die Hälfte ihres Lebens in Beziehungen zu Männern, was leicht darauf hindeutet, dass sie nicht alleine sein kann. Zum Vergleich: Meine längste Beziehung erstreckte sich über eineinhalb Jahre. Sie hätte genau so gut die Hose runterziehen und einen feuchten, 50 cm langen Fleischpenis auf den Tisch klatschen können. Nicht aus dem Grund, dass sie über ihren Ex-Partner sprach (das machen sie alle), sondern was sie über ihren Ex-Partner sprach.

Genügend Stoff um eine Biografie über ihn zu schreiben wäre jetzt vorhanden. Sogar sein Vorname rutschte ihr raus. Depressionen weit schlimmer als meine. Ziellosigkeit weit schlimmer als meine. Abhängigkeit von Eltern weit schlimmer als meine. Ständiger Drang nach Bestätigung und Elternliebe durch elterliches Diktat zu Beruf, Liebe, Leben, was in völliger Resignation endete und ihn seither in der Arbeitslosigkeit hält. Hab ich die Persönlichkeitsstörung schon erwähnt?
Er war Zivi auf ihrer Station. Da lernten sie sich kennen und lieben. Seine psychische Labilität zeichnete sich mit Beginn ihrer Beziehung immer mehr ab, bis sie in eine stationäre Behandlung mündete. Sie zogen ziemlich schnell zusammen, mit ihrer kompletten Einrichtung, weil er damals wie heute völlig mittellos sei. Einige persönliche Details mehr folgten. Will mich gar nicht mehr daran erinnern. Er sei nun bei einer Schwester im tiefen Westen Deutschlands. Das schließe ein „Verrückter-Ex-besucht-mich-mit-Axt“-Szenario wohl aus. Beruhigend.

Freilich hätte ich jederzeit sagen können, es genüge jetzt, ich wolle nichts mehr davon hören; das Thema irgendwie umlenken. Empfand ich aber als Fehler. Je mehr sie über ihren Ex erzählte, desto mehr erzählte sie über sich. Schließlich war sie elf(!) Jahre mit ihm zusammen. „Co-Abhängigkeit“ war ihr beschreibendes Synonym zu ihrer Beziehung. Genügend Hinweise zur Vermutung eines Helfersyndroms – „Ich muss ihn retten, er braucht mich und meine Hilfe!“ – hörte ich jedoch nicht heraus. Schwierig. Und sobald etwas schon in dieser Phase schwierig wird, sollte man es lassen, vor allem, wenn sie beiläufig einen Kinderwunsch erwähnt, was sie tat. Renn, Roger, renn!

Bevor ich sagen konnte, dass es Zeit wäre es zu packen, nahm sie mir die Worte aus dem Mund. Müde sei sie. Me too. War mir vollkommen recht. Ihr fast unangetastetes Essen ließ sie einpacken. Sie bestellte viel zu viel. als wolle sie die ganze Woche damit herumkriegen. Ich erinnerte sie nochmal daran, wie sie sich frech verspätete und nutzte das, um heimgefahren zu werden.

Fazit: Viele interessante Interna aus ihrem Krankenhaus und der Schülerbewertung erfahren (decken sich übrigens zu 100% mit meiner Kritik daran), 3,10 EUR gespart und kostenlos nach Hause chauffiert worden. Gutes Outcome. Schade war es trotzdem. Wir waren beide superwitzig und sie war wirklich sexy. Aber ich hatte hinterher nicht mal das Bedürfnis sie zu küssen. Wirklich Schade.

Sie: „Also, bis dann!“
Ich: „Joah, bis dann mal. Irgendwann.“

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Drei Akte und ein Akt

Drei Akte und ein Akt

Akt 1

Deinen Schmerz kann ich fühlen oder zumindest sehr gut nachempfinden. Am liebsten würdest du schreien, dass ich das nicht kann und ich würde dir recht geben. Ich will deinen Schmerz gar nicht und lasse ihn nicht an mich ran, außer durch deine Nägel, während du dich, in größtem Verlangen nach Linderung, an mir festklammerst. Vorsichtig und so einfühlsam wie möglich rede ich zu dir. Nach angsterfüllter Abwehr gewährst du mir nach und nach mehr Freiraum in meiner Arbeit, was schön ist. Wir werden zu Verbündeten, deswegen lässt du mich auch wissen, dass du Hepatitis hast.

Eine Schwester schnauzt mich an. In deinen Augen bin ich der beste Pfleger, den du dir wünschen könntest. Bestimmt lügst du, das können Junkies gut, hat man mir mal gesagt. Schutzreflex. Bloß nicht mit dem Mann verscherzen, der dir zugeteilt wurde. Ist OK. Danke, dass du deine Brüste verdeckst, nachdem ich dich aus deinen Klamotten geschnitten habe. Selbst als Pflegekraft muss ich nicht alles sehen. Wird nicht lange dauern und die nächste Nadel küsst dir einen Abszess in den Arm. Deine Krankengeschichte lässt das vermuten.

Akt 2

Deinen Schmerz will ich nicht fühlen. Du trittst mir zu fordernd auf. Mein Beruf ist es, dir eine Dienstleistung zu erbringen, ich weiß. Wirkt mir zu frech, wie kühl und trocken du von deiner 25-jährigen Sucht erzählst und währenddessen ein Entzugsprogramm missbrauchst, um noch besser high zu werden. Zu deiner Hepatitis schweigst du. Als man dich danach fragt, verneinst du sogar. Ein Arztbrief verrät dich. Ist OK. Deine Privatsphäre. Dein infektiöses Blut, dass überall hintropft.

Ödematöse Beine verlangen eine Hochlagerung. Bringe dir sofort was, sage ich. Ups, vergessen. Fällt mir auf dem Weg zum Bus ein. Meine seichte Rache ist es, nicht zurückzugehen. Genügend andere Schüler da, die du sicher schon befehligt hast. Wenn dich die Nadel bislang nicht töten konnte, werden es deine Beinödeme erst recht nicht.

Akt 3

Niemand erzählt etwas von MRSA oder 3MRGN, als die Rettungssanitäter dich bringen. Alkohol- und Nikotinabusus ist dir schon von weitem anzusehen. In deiner Krankenakte wird mir das bestätigt und ein paar Erklärungen dafür geliefert, warum dein Körper so aussieht, wie er aussieht. Man merkt sofort, du redest gern und viel. Zu den Dingen, die deine Mitmenschen gefährden könnten, schweigst du. Ich erlaube mir nicht zu denken, dass du es vielleicht nicht besser weißt. Zu oft warst du schon in einem Krankenhaus.

Ob ich dich an den Bettrand setzen könnte, fragst du. Mir ist nicht wohl bei der Sache, du bist in deiner Mobilität zu eingeschränkt. Eine andere Schwester hätte das schon mit dir gemacht, das ginge in Ordnung. En bloc bringe ich dich in Sitzposition. Ich hätte schauen müssen, ob du auch wirklich sicheren Halt hast. Stattdessen frage ich dich nur. Du möchtest einen Hocker neben dich gestellt haben, damit du an die Urinflasche kommst. Du versicherst mir, alles sei in Ordnung, kurz bevor ich Schutzkittel, Handschuhe, Kopfhaube und Mundschutz entsorge. Da fällt dir ein, dass du das Kopfteil deines Bettes gerne tiefer hättest. Funktioniert nicht. Ein Koffer blockiert den Weg und ich möchte mich nicht nochmal neu vermummen. Die nächste Pflegekraft soll’s richten. Noch zehn Minuten, bis zum Schichtende und meinem Ende des Praxisblocks. Ich bin einfach nur erschöpft, weil ich meinem eigenen Anspruch nicht entsprechen kann.

Ein dumpfer Schlag ist zu hören. Ich reagiere nicht und frage mich gerade, warum mich dieses Geräusch nicht wachrüttelte. Zu sehr abgelenkt war ich von dem Rauschen und Treiben der Station, das mit dem Zuwachs an Patienten immer mehr anschwoll. Du liegst da, mit entblößtem Unterleib, entblößten chronischen Wunden. Liegst da wie tot. Kein Laut von dir. Kein Hilferuf in den langen Sekunden, die verstrichen, bis eine junge Assistenzärztin auf das Geräusch deines Aufpralls aufmerksam machte und so tat, als wolle sie aufstehen und nachsehen, bis sie sah, das sich schon genügend andere auf den Weg machten.

Deine Stirn fügte sich der Kompromisslosigkeit des Bodens und nahm die unbarmherzige Tiefe einer möglichen Knochenfraktur auf. Zu viert hoben wir dich zurück ins Bett. So leicht du warst, so schwer stand eine großflächige Blutlache plötzlich im stillen Fokus aller, in der dein Gesicht zuvor gebettet und gebadet lag. Du redest immer noch nicht. Erst als dir Fragen gestellt werden. Du seist ausgerutscht. Kann mich nicht erinnern, ob dir irgendjemand die Frage nach Bewusstlosigkeit stellte. Wurde bestimmt gemacht. Ich wische das Blut und den in weitem Winkel ausgeleerten Urin weg. Am Unterarm eines Arztes klebt Blut. Ohne ihn vorzuwarnen, wische ich es mit weg. Er schaut mich verduzt an – „Wo kommt das denn her? Ich hab doch bloß …“ – und bedankt sich.

Beiläufig erfährt man von einem kleinen Mädchen, dass du Hepatitis hast (ein Danke an den Bundesfreiwilligendienst). Die zuständige Schwester sagt nur „Echt?“, aber informiert sich nicht weiter dazu. Ich schaue die Krankenakte genauer an. Die chronisch persistierte Hepatitis ist nicht gerade prominent beschrieben. An den wichtigen Punkten im System ist sie gar nicht erst vermerkt. Nur um sicherzugehen, weise ich die Schwester darauf hin. Die Information verändert etwas in ihrem Gesichtsausdruck und man kann Gedanken in ihrem Kopf fallen sehen. Ich verabschiede mich, nicht ohne meine Arme in brennendem Desinfektionsmittel zu waschen. Es erinnert mich an eine kleine Wunde, die ich mir aus völliger Zerstreutheit zu Dienstbeginn am Finger zuzog, als ich mit dem BUFDI-Mädchen Dienstkleidung sortierte, weil alle anderen Schüler sich zu fein dafür waren. Daran liest man meinen geringen Status ab. Meine Versuche, aus dieser Opferrolle auszubrechen, wurden geschickt abgewehrt. Profis am Werk.

Meine Empfindungen als Aktfotografie

War ich ein Profi am Werk? Definitiv nicht. Ich bin Schüler. Aber war ich wenigstens ein professioneller Schüler? Auch nicht. Der Kontakt zu diesen Patienten legte meine Unreife frei. Ich war vorurteilsbehaftet und ließ mich von Gefühlen leiten, statt rational zu bleiben, wo es angebracht gewesen wäre.

In der schulischen Ausbildung der Krankenpflege wird einem pausenlos die Haltung vermittelt, dass Patienten nichts für ihren Zustand könnten. Adipöse sind nicht einfach so adipös. Heroinabhängige sind nicht einfach so abhängig. Auf viele mag das zutreffen, doch nicht auf alle. Raubbau an Körper und Seele macht ja Spaß.
Ich habe Patienten kennengelernt, die Konsequenzen langsam auf sich zukommen sahen und nichts dagegen unternahmen. Patienten, die ihren Zustand selbst über viele Jahre ausbrüteten. Sämtliche Warnschüsse wurden ignoriert, sogar als die Kugeln immer näher einschlugen, bis sie Lunge, Herz und Hirn zerfetzten. Ist schon eigenartig, wie man vor einem echten Kugelhagel flüchten würde, Krankheiten aber die Tür weit offen lässt. Handhabt meine Familie nicht anders, z.B. mein Vater, der sein Muttermal im Gesicht nicht auf Hautkrebs kontrollieren lassen will. Was man nicht weiß, hat man nicht, bis es einem das Wissen über sein Vorhandensein aufzwingt.

Sollte dieses Verhalten der Patienten negative Auswirkungen auf meine Arbeit haben? Sollte es nicht. Und dennoch sind mir manche Patienten einfach nicht sympathisch und meine Schritte werden nicht schneller, wenn sie die Rufglocke betätigen.
Am unsympathischsten sind mir die, die ansteckende Krankheiten nicht offenlegen und damit Kollegen, mich und damit auch andere Patienten gefährden. Das Fließbandverfahren einer Notfallambulanz benötigt die Ehrlichkeit der Patienten und einen guten Informationsfluss zwischen Sanitätern, Pflegekräften, Ärzten, Angehörigen und wem sonst noch. Man will nicht jeden Patienten als potentielle Gefahrenquelle ansehen, muss es aber scheinbar. Sollte ich jemals meine Großmutter mit einer Krankheit aus der Arbeit anstecken und sie schwer darunter leiden, wenn nicht gar versterben, werde ich alle in Frage kommenden Patienten mit einer Bettpfanne totprügeln. Werde ich nicht. Aber ich würde mir bis ans Lebensende größte Vorwürfe machen, mich eventuell sogar deswegen umbringen. Oma ist noch fit, körperlich aktiv, ziemlich helle für ihr Alter. 89 Jahre (ab August) lassen sich jedoch nicht wegreden. Nächstes Jahr wird sie 90. Sie ist älter als diese drei von mir beschriebenen Patienten jemals sein werden.

~ Dieser Blog soll nicht gelesen and therefore nicht kommentiert werden. ~

Perfuktionist

Perfuktionist

Ist Perfektionismus eine Angst vor Fehlern, Angst vor Kritik, schlechter Bewertung? Ist mein „Soll“ ein „Muss“ und selbst auferlegte ewige Quelle von Leid, da das „Ist“ dieser verzerrten Realitätsvorstellung niemals entsprechen kann?

Meine Großmutter und mein Vater verknüpften ihre Liebe nicht mit meiner Leistung. Klar, vor allem Oma freute sich darüber, wie positiv ich als Kind auf andere wirkte, was ich in der Schule und auch privat alles hinbekam. Noch heute sagte sie: „Wie schaffst du denn das alles?“ Und als ich anfing in der Schule Sechser zu schreiben und sogar meine Versetzung gefährdet war, wurden sie nicht böse. Mundwinkel wurden verzogen, aber es war kein Grund für Drama.

In meinen 32 Jahren habe ich tatsächlich ein paar Dinge erreicht, war Schul- und Landkreisbester in zwei Schulabschlüssen, hatte den besten Ausbildungsabschluss in der Agentur, in der ich arbeitete. Und doch brachte es mich nicht weit. Es gibt Leute, die mit ihrem Qualifizierenden Hauptschulabschluss deutlich mehr Geld verdient haben als ich, während ich zwei Studiengänge abbrach, den Arbeitsplatz wechselte, arbeitslos herumdümpelte, von einer Beziehung in die nächste sprang und eigentlich bis heute gar nicht richtig weiß, wo ich hin will. Nirgends empfinde ich mich als „angekommen“, geschweige denn „angenommen“. Deswegen habe ich Angst, Angst davor, mein Leben zu verwirken bzw. verwirkt zu haben. Was ich dagegen tue? Natürlich nichts, was Sinn macht.

Alles soll richtig laufen. Ich sehe meine aktuelle Ausbildung und das Studium als letzte Möglichkeit, noch irgendwie Fuß zu fassen. Was ich dafür mache:

  • Überorganisieren! Ich organisiere und ordne mehr als sinnvoll ist. Das Zeit-/Nutzenverhältnis ist vollkommen verzogen.
  • Mich überarbeiten! Nicht nur einmal hörte ich von Leuten, die es wissen müssen, dass ich auf einen Burn-out zusteuere, wenn ich so weiter mache. Aber alles muss richtig laufen und fertig werden, egal ob ich bis 2 Uhr nachts arbeiten muss und im besten Fall dann nur zwei Stunden Schlaf bekomme. Dabei mache ich nicht selten mehr als gefordert.
  • Mich stressen! Vor Leistungsnachweisen, Praxiseinsätzen, unbekannten Situationen.
  • Aggressiv werden! Gegenüber Menschen, die mich aufhalten, z.B. indem sie uns fachlich und faktisch falsche Dinge unterrichten, jedoch meistens wegen mir selbst.
  • Anderen helfen! Noch bevor ich mit meinen Sachen fertig bin, womit ich natürlich Zeit verplemper. Aber irgendwie scheint es mir wichtig, auch andere mitzuziehen, die weniger können als ich. Ist doch klar, dass ich mich damit nur noch mehr aufarbeite?
  • Extrem langsam arbeiten! Ich bin langsam. War noch nie ein schneller Arbeiter und habe mich noch nie schnell bewegt, außer beim Boxtraining vielleicht.
  • Prokrastinieren! Ohne verficktes Ende. Als MÜSSE ich unbedingt meine DVD- und Blu-ray-Sammlung neu ordnen, bevor ich mich an eine Arbeit setze, die ich noch kaum angefangen habe, deren Deadline aber schon übermorgen ist. Als wolle ich mein Scheitern vermeiden, indem ich Scheitern provoziere (was ich nicht abgebe, kann nicht bewertet werden – yup, macht voll Sinn).
  • Mich schlecht machen! Egal, welche Erfolge ich feiern könnte, ich finde Gründe, warum es doch nur Zufall oder ungerechtfertigt war.
  • Nie zufrieden sein! Eine 2 ist eine Weltuntergang für mich. 1er kann ich nicht würdigen, wenn ich nicht die volle Punktzahl habe, obwohl das am Ende komplett egal ist.
  • Mich mit anderen vergleichen! Wehe ich bin nicht der Beste.

Mein Blog leidet auch darunter. Viele Beiträge bekomme ich einfach nicht fertig oder sie benötigen Tage, weil ich sie noch oft durchlesen muss, bevor ich sie online stelle.

Andere Kunstprojekte liegen brach. Ich hatte so viel vor und mache es einfach nicht. Ich beraube die Welt um meinen kleinen Beitrag. Und wenn es auch nur mir nahestehende Personen erreicht, so ist das doch genug? Das habe ich vollkommen aus den Augen verloren und dieser Blog-Beitrag hier erinnert mich daran. Ich muss mich an den Spaß erinnern, den ich dabei immer hatte und jegliche kommerzielle Interessen daran in mir zerstreuen. Mut zur Imperfektion. Deswegen, werde ich diesen Blog-Beitrag hier nicht mehr durchlesen und ergänzen, sondern ihn so lassen – mit all seinen (Denk-)Fehlern.

~ Nein, ich will nicht, dass du ihn kommentierst. ~

Auf Uns. Auf Dich.

Auf Uns. Auf Dich.

Meine Kugel-Metapher aus dem Blog-Beitrag „Drei Akte und ein Akt“ hat mich an diesen hier erinnert, den ich nie veröffentlichte. Geschrieben am 15. März 2017. Ich habe ihn in diesem Blog auf ein Jahr später zurückdatiert. Muss man nicht verstehen. 

Wir saßen an einem Tisch, in diesem viel zu großen Wohnzimmer, und schenkten uns Hacker Pschorr Radler in Gläser ein. Wir waren beide krank und tranken nicht offiziell auf uns, doch jeder vielleicht insgeheim darauf, dass wir zusammensaßen. Weiß gar nicht mehr genau, ob es unser erstes oder zweites Mal bei dir war. Uns ging es gut, trotz rauem Hals, belegter Stimme und laufender Nase. Wir küssten uns. Es war schön, trotz meiner Zurückhaltung. Wollte dich nicht weiter anstecken.

Hatte lange gedauert, bis ich die kleine Auswahl an Bieren gefunden hatte, die du für diesen Abend vorschlugst. Heute weiß ich, in welchen Läden man sie finden kann. Nur das Radler will ich kaufen, als kleines Gedenken an dich. Der Laden hat zu, als wäre er das symbolisierte Echo unseres endgültigen Beziehungsaus. Der nächste auf meinem Weg hat es auch, wer weiß was ich sonst stattdessen getrunken hätte.

Ich sitze zuhause, in dem Zimmer, dass dich warum auch immer, so schockierte. Über die Anlage läuft von Mia Doi Todd der Song „My Room is White“, dessen Text so perfekt passt. Die Flasche ploppt lauter als ich es in Erinnerung hatte. Ich trink auf dich. Im Bett, in dem ich mit dir saß, in dem du aber nicht die Nacht mit mir verbringen wolltest, lieg ich da und spüre eine komische Schwere in meinem Bauch, eine beruhigende, schläfrig machende Schwere. Kommt das vom Radler oder von dieser Melancholie, die mich umschließt, wenn ich an unsere gemeinsame Zeit denke …

Dir tut es Leid, hast du gesagt. Und es hätte viel geändert, wenn du Klarheit gehabt hättest. Diese gewünschte Klarheit hätte dich nur sehen lassen, wie sensibel ich bin und wie schnell bereit, mich zu trennen. Ist mir schon klar, wie viel das ändert, dir die Pistole auf die Brust zu setzen und dich dabei zusehen zu lassen, wie ich Kugel um Kugel in die Trommel einsetze, die alle nur darauf warten, dir das Herz zu zerfetzen. Denn eines weiß ich inzwischen: keine Trennung ohne Schmerz. Egal wer sich von wem, warum auch immer trennt.

Eines hätte ich mir damals gewünscht. Nicht, dass es mit uns klappt, nein. Wie schön es mit mir auch sein kann, meine Depressionen, meine Selbstzweifel und meine Sprunghaftigkeit wiegen zu schwer für jedes Band, das ich mit einem Menschen knüpfen könnte. Ich wünschte mir, mehr Klarheit gehabt zu haben.
Mein Blick war verschwommen von einem kleinen Schleier an Hoffnung, irgendwas, das die vertrackte Situation zwischen uns hätte entwirren können, das Aufdecken eines Missverständnisse oder das schlichte Benennen des verfickten Problems, das du damit hattest, wie ich lebe. Als du mir mit deinem Maßstab ins Gesicht schlugst, ging das zu schnell, um die Skalen, die Werte abzulesen. Und dann gebe ich dir noch dreimal die Chance, dich mir zu öffnen und du nutzt sie nicht. Willst stattdessen mich dazu bringen, dir meine Entscheidung, den Kontakt komplett abzubrechen, ausführlich zu erklären. Ich hatte dir alles gesagt, was es zu wissen galt. Dass ich dich mag, was ich an dir mag, war nicht gelogen. Mich in ein langes Gespräch zu verwickeln, mit ewig langen Ausführungen deines Nicht Verstehens, hat mich nicht dazu gebracht, meine ohnehin schon inkonsequent ausgeführte Entscheidung zu ändern. Du sagtest, es sei doch auch deine Entscheidung, ich solle sie dir überlassen. Nein, das ist sie nicht. Doch falls es dich beruhigt: Du hast deinen Teil zu meinem Entschluss beigetragen.

Du hattest dich mit Bier betrunken, vielleicht sogar mit dem Bier, das ich damals kaufte und das seitdem in deinem Kühlschrank darauf wartete, von uns gemeinsam getrunken zu werden. Anstoßen. Vielleicht wie ich, ohne den anderen. Das „Auf uns“, zerfallen zum „Auf Dich“.

„Ich verstehe es nicht. Warum willst du eine schöne Sache vorsorglich kaputt machen?“
Meine vorletzte Liebe M. W. am 06. März 2017 in WhatsApp

Lyrics: https://genius.com/Mia-doi-todd-my-room-is-white-lyrics

~ Ihr kennt das Spiel. Don’t comment. ~

The Night Shi(f)t Teil 2 – Glück der Anderen

The Night Shi(f)t Teil 2 – Glück der Anderen

Short-Info: Teil 2 meiner dreiteiligen „The Night Shi(f)t“-Reihe zu meinen ersten beiden Nachtschichten in der Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger. Subplot: Das neue Glück meiner Ex, bewährte Methoden wach zu bleiben und diskriminierende Busfahrer.

Weiterlesen? Nope. Do not click.

Immer noch Samstag, 03.03.18 – Immer noch Vorbereitung

Kurz nachdem meine Freundin wegfuhr, rief mich meine erste Ex-Freundin an, die Frau, mit der ich eher auf tragische Weise meine Unschuld verlor. Ich war nach dem Ende unserer Beziehung noch lange in sie verliebt, ließ sie das aber nie deutlich wissen, denn ihr vorheriger Freund war das, was ich bei ihr nicht sein wollte: Nachtragend, anhänglich, stalkend.
Wir sind zehn Jahre nach unserer Trennung noch Freunde. Der Umstand, dass sie etwas weiter weg wohnt, im Beruf und inzwischen von ihrer eigenen kleinen Familie gut auf Trab gehalten wird, ist schade. Trotzdem freue ich mich für ihr neues Glück mit neuem Mann. Diese Freude wurde dadurch gesteigert, dass wir uns für einen spontanen Spaziergang verabredeten.

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