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Schlagwort: Pflege

Gehirnfurz

Gehirnfurz

Mein letzter Blog-Beitrag liegt eine lange Weile zurück. Damit ein paar Dinge chronologisch halbwegs richtig sind, ich eine angefangene Serie nah zusammenliegend beende und diese riesige Blog-Beitragslücke einfach nicht so riesig bleibt, werde ich da noch einige Beiträge nachträglich dazwischenstopfen. Es kam haarklein so, wie ich es am 1. März bereits voraussagte. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen.

Dann mal hier der kleine „Gehirnfurz“, der es mir wert ist, in diesen Blog gehackt zu werden:

Ich habe keine Lust mehr mich verarschen zu lassen. Wer das ab sofort will, muss die Fäuste sprechen lassen. Keine Lust mehr von Arbeitgebern verarscht zu werden, die versprechen, hinhalten, nur Zahlen sehen, ausnutzen, zur Bindung der Arbeitnehmer lügen, heuchlerisch mit Prämien locken und dann unter Selbstbefriedigung dabei zusehen, wie ihre Schäfchen im Heizofen der Arbeitsamen in funkende Flocken aufgehen. Keine Lust auf Kollegen, die jeden Krankheitstag eines anderen misstrauisch beäugen und meinen Mustern zu erkennen, ständig lästern, bei anderen Fehler suchen, um laut vor anderen anprangern zu können, sich nicht professionell im Umgang mit Kollegen verhalten und nicht kapieren, dass Auszubildende gefördert werden müssen, weil sie die Kollegen von morgen sind. Null Bock auf Ärzte und Medizinstudenten, die sich großartig und mächtig vorkommen und das als Legitimation sehen, sich zu Lasten „Niedergestellter“ rücksichtslos egoistisch aufführen zu können. Sauer auf Autofahrer, die mich auf der Überholspur der Autobahn ohne Blinken und Seitenblick von meinem Motorrad holen und es mir als Auffahrunfall in die Schuhe schieben wollen. Genervt von Anwälten, die nicht einmal zwei Minuten für ihre Mandanten am Telefon erreichbar sein wollen und sich nicht an Absprachen halten. Keine Empathie für Menschen, die sich hinter ihrem Geschlecht, Alter und/oder dem Setting verstecken, um knallhart und ausdauernd zu mobben, weil sie genau wissen, dass man ihnen nicht die Fresse einschlagen darf – meiner Meinung nach ein probates Mittel ständiges Mobbing zu durchbrechen –, ohne als Täter dazustehen. Kein Verständnis für Dozenten, die solch einen Kindergarten nicht zu unterbinden wissen. Keine Sympathie mehr für Hochschulen, die praktisch völlig unnütze Studiengänge anbieten und vermarkten, weil ihre verfickten Dozenten mit ihren vielen Titeln sonst nichts gebacken kriegen, außer Vorlesungen zu halten. Mittelfinger für alle, die inhumane Gleichstellung hinter dem Wort Gleichberechtigung verstecken. Ein „Fickt euch!“ an all die vielen Narzissten, Egomanen und nicht mehr selbstständig denkenden Vollidioten, denen andere Menschen nur nicht egal sind, wenn sie ihnen die Möglichkeit geben, durch sie und neben ihnen gut auszusehen. Und ein fassungsloses Kopfschütteln an den achso sozialen Beruf „Pflege“, wo scheinbar die meisten Soziopathen rumlaufen, fernab von tatsächlicher Menschenkenntnis und Nächstenliebe. Ihr ekelt mich an!

Doch am allermeisten hab ich es satt, mich selbst zu verarschen. Dann, wenn ich mich unterschätze, dann, wenn ich mich überschätze, wenn ich unnötig Angst habe, wegen Nichtigkeiten wütend werde, selbstmitleidig trauere, Zeit verschwende, mich nicht richtig erhole, wenn die Gedanken außer Kontrolle geraten und wenn ich selbst eiskalt andere Verarsche – manchmal sogar ohne schlechtes Gewissen. Habe die Depressionen satt, wegen denen ich periodisch wochenlang nichts mehr esse, das Bett nicht verlassen und keinen vernünftigen Gedanken fassen kann. Konstante Überforderung bei Übermüdung drücken mein Gesicht an die Scheibe, die mich von einer Psychose trennt.

Am liebsten möchte ich alles hinwerfen, wo ich eigentlich Steine in die Hand nehmen müsste, um sie durch ein paar Bürofenster zu schmeißen. Scheiß auf diese Welt in der ich niemals einen Platz finden soll.

Beleidigte Pflegerwurst

Beleidigte Pflegerwurst

Kann sein, dass ich mich immer und immer wieder wiederhole, weil ich einfach nicht mehr weiß, was ich hier und an anderer Stelle über meine Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger geschrieben habe. Was soll’s.

Geht es um Genderkacke, radikalen Feminismus und das alles, rege ich mich oft darüber auf, dass manche Menschen einfach viel zu empfindlich ist. Dieser Blog-Beitrag legt offen, was für ein Sensibelchen ich bin.

Meine Zwischenbewertung des vierwöchigen Praxisblocks in der Onkologie sollte am 29.06. laufen. Ich kann mich nicht daran erinnern, warum es an diesem Tag nicht klappte. Die für mich zuständige Pflegekraft hatte nicht daran gedacht und ich hatte nicht daran gedacht. Sie war scheinbar auch nicht darauf vorbereitet (sprich: sie hat sich nicht die Mühe gemacht, andere Pflegekräfte über mich auszufragen), sonst hätte sie mich sicher darauf angesprochen. In Einigung mit meiner Klassleiterin teilte mir die Stationsleitung mit, ich habe zwar ein Zwischengespräch, aber nicht mit Bewertung. Das ist völlig okay. Auf meine Praxisnote im Zeugnis wird das nicht viel Einfluss haben. Außerdem war heute eine Stationsbesprechung mit fast dem gesamtem Team. Ich denke nicht, dass ich wichtig genug war, ein Punkt auf der Agenda zu sein, aber sie hat sich durchgefragt. Zeigte ihr im Vorfeld eine Liste an Pflegekräften, mit denen ich gearbeitet hatte und die sie über mich ausquetschen konnte. Ich bin da entgegenkommend, das macht sonst niemand.

Spätschicht. Was fühlte ich mich gut. Ich arbeitete viel und korrekt, hielt den examinierten Pflegekräften den Rücken frei und bespaßte die Patienten. Als einziger Schüler auf einer Station ist es my time to shine. Ich genieße das. Fast schon hatte ich so viel Selbstvertrauen, dass ich mir ausmalen konnte, nach dem Examen komplett frei arbeiten zu können. Selbstkritisch wie ich bin, sind das eher kurze traummalerische Höhepunkte, deswegen kostete ich das richtig aus. Erinnerte mich daran zurück, wie ich am Anfang dieses Praxisblocks  daran dachte, die Ausbildung abzubrechen. Alles in mir verlangte danach. Ich war völlig überfordert, drohte unterzugehen in den ganzen schriftlichen Arbeiten, Prüfungsvorbereitungen und dem Einarbeiten in diese völlig ungewohnten Abläufe der neuen Station (dort wird einiges anders gehandhabt und meiner Meinung nach nicht zum Besten – Aushilfskräfte die dort anfangen, bestätigen mir das u. a. durch ihr Stirnrunzeln, wenn sie eingearbeitet werden). Aber ich weiß, dass ich nicht nochmal flüchten kann. Kein Ausweg mehr. Ich hatte mich nach mehr als einem Jahr Bedenkzeit für die Pflege entschieden und bin jetzt in ihr gefangen. Mindestens bis zum Examen.

Wie so oft wurde das Gespräch an das Schichtende verlegt, vorher fand sie in den ruhigen Momenten keine Zeit (Raucher müssen rauchen). Es begann damit, dass ein Zwischenziel („Grundpflege routinieren“) in den „Endzielen“ (doofes Wort) auf einmal um „+ Prophylaxen“ erweitert wurde. Ich beherrsche die Prophylaxen. Das als Ziel nachträglich aufzunehmen kommuniziert ungerechtfertigerweise, dass ich da Nachholbedarf habe. Doch egal, ich möchte nicht soooooo kleinlich sein.

Sie sagte danach: „Du hast mir ja am Anfang des Praxisblocks schon gesagt, dass du oft unmotiviert wirkst, oft langsam bist usw.“
Korrekt. Ich habe ihr auch das „Warum“ erklärt. Ich wirke unmotiviert, weil ich mit mir selbst unzufrieden bin, an meinen eigenen Ansprüchen scheitere und es gerne besser machen würde (sie ist da genauso). Ich versuche weniger Angriffsfläche zu bieten, indem ich mich zurückhalte. Auf andere wirkt das, als sei ich unmotiviert. Deshalb wünschte ich mir explizit Anleitungen. Diese Erklärung hat sie komplett vergessen. Bei ihr blieb nur hängen: „wirkt unmotiviert“. Ebenfalls erklärt habe ich ihr, dass ich langsam bin, weil ich versuche schulisch zu arbeiten und weil ich mich nicht hetze, wenn es gerade nicht viel zu tun gibt oder eine Aufgabe nicht sehr dringlich ist. Aber ich bat explizit darum mich bitte wissen zu lassen, wann ich richtig Gas geben solle, denn scheinbar kapier ich’s einfach nicht, wenn Not am Mann ist. Ich hatte nie den Eindruck, Arbeit liegen zu lassen, also schien mein Arbeitstempo angepasst. Damals sagte sie noch dazu: „Das ist auch gut so, nicht zu hektisch zu arbeiten. Alle die sich so durchhetzen, haben später ein Burn-out.“

Sie weiter: „Wenn du das schon weißt, warum tust du nichts dagegen?“
Ja, warum eigentlich? Warum wird ein Depressiver nicht einfach fröhlich? Zu wissen und selbst benennen zu können, dass man etwas nicht kann, bedeutet den ersten aktiven Schritt zur Änderung. Mich umzukrempeln passiert nicht über Nacht! Ich wünschte mir etwas mehr geführt zu werden, geteilte Erfahrungen der Profis zu erhalten, die auf meine eigene, individuelle Situation passen. Ich wünsche mir das in jedem Praxisblock und nichts geschieht.

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